Die Digitalisierung des Rechnungswesens ist sicherlich eines der Top-Themen in den Rechnungswesenabteilungen der Unternehmen. In diesem Blog-Post wollen wir dem Thema nachgehen, wie man den Grad der Digitalisierung im Rechnungswesen zunächst erst einmal messen könnte. Ich zeige Ihnen drei SQL Auswertungen in SAP als erste Ansatzpunkte.
Rechnungswesen ist hoch standardisiert. Das bringt schon das Prinzip der Doppik mit sich, welches sich schlicht weltweit durchgesetzt hat (und schon sehr alt ist). Rechnungswesenprozesse sind auch hoch standardisiert, denn jedes Unternehmen braucht erprobte Prozesse für z.B. Eingangs- und Ausgangsrechnungsverarbeitung. So liegt es nahe, dass die generelle Einschätzung ist, dass Prozesse im Rechnungswesen von der Digitalisierung stark betroffen sind oder sein werden. Ein Blick in eine oft zitierte Studie zeigt: die Wahrscheinlichkeit, dass Maschinen das Rechnungswesen übernehmen ist 94% (siehe S. 69, Platz 589: Accountants and Auditors).
Wie kann man die Digitalisierung im SAP Rechnungswesen messen?
Man kann sich verschiedene Anhaltspunkte vorstellen, um die Messung der Digitalisierung im SAP Rechnungswesen zu operationalisieren. Natürlich müssen diese Anhaltspunkte in den Daten auswertbar sein. Wir wollen uns drei Anhaltspunkte für eine Digitalisierung zunutze machen:
- Nicht-Dialog User (oder auch: Systemuser) buchen Belege. Es liegt die Vermutung nahe, dass automatische Prozesse am Werk sind und die Belege nicht manuell durch Mitarbeiter gebucht wurden. Die erste Prämisse lautet daher: Je mehr Buchungen durch Systemuser, desto höher der Digitalisierungsgrad.
- Rechnungswesenbelege werden durch andere SAP-Module „mitgebucht“ (Integrationsbuchungen wie z.B. durch einen Wareneingang im SAP MM). Es gilt: Je mehr Integrationsbuchungen, desto höher der Digitalisierungsgrad.
- Rechnungswesenbelege werden massenweise in das SAP-System gebucht. Dies kann mit Batch-Input-Mappen geschehen. Es gilt: Je mehr Buchungen durch Batch-Input-Mappen, desto höher der Digitalisierungsgrad.
Also, dann mal los, gucken wir uns die Details mal etwas genauer an.
Buchungen durch Systemuser
Fangen wir mal an mit den Systemusern. In SAP gibt es verschiedene Nutzertypen. Der Nutzertyp steht in den Nutzerstammdaten (Tabelle USR02, Field USTYP). Es gibt folgende Nutzertypen:
A Dialog
B System User (Internal RFC and Background Processing)
C Communication User (External RFC)
L Reference User
S Service User
Dialoguser sind User, die sich an der Oberfläche von SAP anmelden können (SAP GUI). Buchungen solcher User sind also als manuelle Buchungen einzuschätzen. Im Hinblick auf eine Einschätzung der Digitalisierung Ihres Rechnungswesens, sollte man also auf Buchungen von Systemusern achten. Folgendes Statement wertet ihren gesamten Buchungsstoff aus und untersucht, welche Nutzertypen gebucht haben. Sie können das in SAP selbst ausprobieren, indem Sie die Transaktion „DBACOCKPIT“ nutzen und über den Reiter „Diagnose“ zum „SQL-Editor“ navigieren:
SELECT USTYP, BUKRS, GJAHR, COUNT(*)
FROM BKPF
LEFT JOIN USR02 ON (BKPF.MANDT = USR02.MANDT AND BKPF.USNAM = USR02.BNAME)
WHERE GJAHR=2018 AND BUKRS='1000'
GROUP BY USTYP, BUKRS, GJAHR
ORDER BY COUNT(*) DESC;
USTYP | BUKRS | GJAHR | COUNT |
---|---|---|---|
A | 1000 | 2018 | 84 |
S | 1000 | 2018 | 3 |
In diesem einfachen Beispiel wurden also 84 Belege von Dialognutzern gebucht und nur 3 von Systemusern. Das spricht nicht für umfassende Digitalisierung.
Integrationsbuchungen
Es gibt diverse Geschäftsvorfälle in Nicht-FI SAP-Modulen, welche eine Buchung im Rechnungswesen auslösen. Das automatische Auslösen einer Buchung im SAP FI durch ein SAP FI-fremdes Modul nennt man auch Integrationsbuchung. Eine Integrationsbuchung kann insofern auch als Merkmal für die Digitalisierung herangezogen werden. Aus welchem SAP-Modul oder Subsystem die Buchung veranlasst wurde, steht im Feld „AWTYP“ der Tabelle „BKPF“. Das können wir ganz einfach mit diesem Query auswerten:
SELECT AWTYP, BUKRS, GJAHR, COUNT(*)
FROM BKPF
WHERE GJAHR=2018 AND BUKRS='1000'
GROUP BY AWTYP, BUKRS, GJAHR
ORDER BY COUNT(*) DESC;
AWTYP | BUKRS | GJAHR | COUNT |
---|---|---|---|
MKPF | 1000 | 2018 | 46 |
BKPF | 1000 | 2018 | 24 |
RMRP | 1000 | 2018 | 17 |
Die Abkürzungen in AWTYP bedeuten:
BKPF = Accounting document
MKPF = Material document
RMRP = Invoice receipt
Eine einfache Liste mit einer Vielzahl von AWTYP Bezeichnungen finden Sie hier. Leider konnte ich die Vollständigkeit der Liste nicht verifizieren.
Die Buchungen mit AWTYP=BKPF können als manuelle Buchungen gelten. Buchungen aus MKPF (=Materialbuchungen) und RMRP (=Rechnungen aus dem MM-Modul) sind Integrationsbuchungen aus Nicht-SAP-FI-Modulen, die insofern als automatisch anzusehen sind.
Batch-Input-Buchungen
Als letzten Anhaltspunkt für die Digitalisierung des Rechnungswesen in SAP hatten wir die Messung der Nutzung von Batch-Input-Mappen vorgeschlagen. Ob eine Buchung durch eine Batch-Input-Mappe passierte und wenn ja durch welche kann man dem Feld „GRPID“ der Tabelle „BKPF“ entnehmen. Also, los geht’s:
GRPID | BUKRS | GJAHR | COUNT |
---|---|---|---|
1000 | 2018 | 87 | |
HR | 1000 | 2018 | 5 |
Wenn nichts in GRPID steht, dann wurde keine Batch-Input-Mappe verwendet.
Hier scheint nur eine Batch-Input-Mappe aus dem Human Resources (Personal) verwendet zu werden. Aber der Umfang sind nur 5 Belege.
Und jetzt alles zusammen betrachten
In den letzten Absätzen haben wir drei Anhaltspunkte untersucht, die für oder auch gegen die Digitalisierung des Rechnungswesens sprechen. Letztlich macht eine Schlussfolgerung aber nur Sinn, wenn man all drei Anhaltspunkte integrativ untersucht. Dies wollen wir im Folgenden machen:
SELECT USTYP, GRPID, AWTYP, BUKRS, GJAHR, COUNT(*)
FROM BKPF
LEFT JOIN USR02 ON (BKPF.MANDT = USR02.MANDT AND BKPF.USNAM = USR02.BNAME)
WHERE GJAHR=2018 AND BUKRS='1000'
GROUP BY GRPID, AWTYP, BUKRS, GJAHR, USTYP
ORDER BY COUNT(*) DESC;
USTYP | GRPID | AWTYP | BUKRS | GJAHR | COUNT |
---|---|---|---|---|---|
A | MKPF | 1000 | 2018 | 46 | |
A | BKPF | 1000 | 2018 | 16 | |
A | RMRP | 1000 | 2018 | 17 | |
A | HR | BKPF | 1000 | 2018 | 5 |
S | BKPF | 1000 | 2018 | 3 |
Bei der integrativen Auswertung stellt sich die Frage: Welche Zeile soll als „digital“ gelten, welche als „manuell“? Als „manuell“ (nicht „digital“) ist hier die Zeile 2 zu sehen, weil nur Dialognutzer gebucht haben (Spalte USTYP), keine Batch-Input-Mappe verwendet wurde (Spalte GRPID) und die Buchungen direkt ins SAP-FI gebucht wurden und nicht aus einem anderen SAP-Modul als Integrationsbuchungen erzeugt wurden (Spalte AWTYP).
Zusammenfassend kann man also sagen, dass die IDES – das Modellunternehmen der SAP – im Jahr 2018 noch nicht so sehr im digitalen Zeitalter angekommen ist – sind ja so gesehen auch nur Testdaten. Neben der Vielzahl an Buchungen von Dialogusern (USTYP A), spricht außerdem die fehlende Verwendung von Batch-Input-Mappen eine ganz klare Sprache: Die Digitalisierung ist für die IDES eher Neuland.