Lieferungen und sonstige Leistungen ins EU Ausland und Ihre Auswirkungen auf die GuV

Während die Umsatzsteuer ID (USt-ID) eines Debitors in den Stammdaten von SAP als Vorlage für Rechnungen fungiert, wird die ausgewiesene Umsatzsteuer (USt.) in den Bewegungsdaten erfasst. Die Faustformel für Lieferungen und sonstige Leistungen in ein europäisches Ausland ist: Erbringen Sie eine Lieferung oder sonstige Leistung an ein Unternehmen in einem europäischen Ausland, wird keine USt. fällig. Sollten Sie trotzdem fälschlicherweise Umsatzsteuer ausgewiesen haben, dann macht es sich der Fiskus einfach…

… und sie müssen die Umsatzsteuer nach §14c Absatz 2 UStG trotzdem abführen:

(2) Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag.[…]

Doch bevor wir zu der Antwort auf die Frage kommen, wie dieser Missstand korrigiert werden kann, wollen wir zunächst untersuchen, in welchen Fällen die USt. (im Allgemeinen auch als Mehrwertsteuer (MwSt.) betitelt) fälschlicherweise ausgewiesen wurde.

In welcher SAP Tabelle steht die ausgewiesene Mehrwertsteuer und welche Felder werden außerdem benötigt?

Die ausgewiesene Mehrwertsteuer steht in der SAP Tabelle BSEG (Belegsegment) und kann z.B. über die Transaktion „SE16N“ in SAP eingesehen werden. Allerdings werden für die Auswertung der fälschlich ausgewiesenen MwSt. in SAP noch weitere Felder benötigt, um Lieferungen im Inland ausschließen zu können. Außerdem interessiert uns, ob die Lieferung oder Leistung innerhalb der EU stattgefunden hat, das Liefer- und Empfängerland sich unterscheiden, der Kunde keine natürliche Person ist und es sich um eine debitorische Forderung handelt.

Aber eins nach dem anderen. Der aufmerksame Leser wird bereits festgestellt haben, dass von Lieferungen und sonstigen Leistungen die Rede ist. Bei sonstigen Leistungen gibt es mangels Ware allerdings kein Liefer- und Empfängerland. Wie wird dieses Szenario demnach besteuert? Eine Antwort darauf liefert §3a Abs. 2 UStG:

„(2) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Absätze 3 bis 8 und der §§ 3b, 3e und 3f an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend.[…]“

In diesem Fall kommt das sogenannte Verfahren der umgekehrten Steuerschuldnerschaft (auch Reverse-Charge-Verfahren genannt) gemäß §13b Abs. 5 UStG zur Anwendung. Demnach muss der Empfänger der sonstigen Leistung die Umsatzsteuer zunächst erklären, die er im Anschluss als Vorsteuer allerdings zurückfordern kann. Es darf also auch in diesem Fall keine MwSt. auf der Rechnung ausgewiesen werden. Fassen wir die groben Tatsachen zur Ausweisung von MwSt. auf der Rechnung also noch einmal übersichtlich zusammen:

 InlandEU Ausland
LieferungMwSt. ausweisenKeine MwSt. ausweisen
Sonstige LeistungMwSt. ausweisenKeine MwSt. ausweisen

Bedenken Sie an dieser Stelle bitte, dass die Tabelle nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Es wäre nicht die Gesetzgebung, wenn es so einfach wäre oder? Auch in diesem Fall gibt es wieder eine Vielzahl an Ausnahmen.

Jetzt komm doch endlich mal zur Sache!

Haben Sie auch gedacht?

Okay, okay dann gucken wir uns die ausgewiesene MwSt. ihrer Rechnungen mal in SAP an.

Wie erhält man in SAP die Daten für eine Analyse der ausgewiesenen MwSt. bei Lieferungen und Leistungen ins Ausland?

Wenn Sie in Ihrem SAP die ausgewiesene MwSt. bei Lieferungen und sonstigen Leistungen ins Ausland analysieren wollen, benötigen Sie die dafür notwendigen Datenstrukturen und Daten aus ihrem SAP System. Mit Hilfe unserer Software zap Audit werden die Daten vollautomatisch aus Ihrem SAP System geladen und auf Ihrer Hardware gespeichert. Anschließend prüft zap Audit vollautomatisch neben dem Indikator „Grenzüberschreitende Lieferung oder Leistung mit Umsatzsteuer“ noch mehr als 124 weitere Indikatoren. So erhalten Sie neben den Daten direkt die Auswertung für die Prüfungsfrage der ausgewiesenen MwSt. bei Lieferungen und sonstigen Leistungen ins Ausland. Sie wollen zap Audit herunterladen? Kontaktieren Sie uns hier.

 

Kann ich zumindest einen Teil der Lieferungen und Leistungen ins EU Ausland manuell auswerten?

Die notwendigen Felder für die Analyse der Leistungen ins EU Ausland sind in SAP leider über diverse Tabellen verteilt, sodass eine manuelle Auswertung aufgrund des Umfangs einen eigenen Blog Post wert ist.

Die Lieferungen in ein EU Ausland können allerdings relativ schnell und einfach über die SAP GUI geprüft werden. Dafür habe ich die SAP Transaktion „SE16N“ unter der Verwendung der SAP Tabelle BSEG (Belegsegment) genutzt. Damit nicht alle Felder der Tabelle in der Auswertung enthalten sind wählen wir alle ab, bis auf die folgenden mit den entsprechend aufgeführten Optionen:

FeldnameOption wählenTechnischer Name
Buchungskreis BUKRS
Belegnummer BELNR
Geschäftsjahr GJAHR
Position BUZEI
Kontoartgleich D (Debitor)KOART
Soll / Habengleich S (Soll)SHKZG
Betrag Hausw DMBTR
Steuer Hauswgrößer 0MWSTS
Steuerbetrag WMWST
PartnGesellsch VBUND
Debitor KUNNR
Bestimm.LandungleichEGBLD
LieferlandUngleichEGLLD

Die Felder Bestimm.Land und Lieferland sind bewusst „nur“ mit der Option „ungleich“ ausgewählt, da SAP diese Felder nicht pflegt, wenn es sich um Lieferungen innerhalb eines Landes handelt. Mit der Option auf „ungleich“ erhalten wir somit alle Buchungen, bei denen sich Bestimmungs- und Lieferland unterscheiden.

Über einen Klick auf „Online“ (F8) erhalten wir folglich eine Liste mit allen Belegen (BELNR), die MwSt. ausgewiesen haben (MWSTS > 0) und den entsprechenden Steuerbetrag (Feld MWSTS bzw. WMWST). Aufgrund der diversen Steuerbestimmungen außerhalb der EU untersuchen Sie zunächst die Kombinationen aus Bestimmungs- und Lieferland innerhalb der EU. Da die Liste ausschließlich Belege mit ausgewiesener MwSt. zeigt, ist jetzt Ihr Professional Judgement gefragt. Untersuchen und hinterfragen Sie, warum MwSt. in den gegebenen Fällen ausgewiesen wurde.

Kleiner Hinweis: Bedenken Sie, dass natürliche Personen (Technischer Feldname: STKZN = X) noch ausgeschlossen werden müssen. Dafür gleichen Sie die generierte Liste mit Ihren Debitoren der Tabelle KNA1 ab.

Wie kann eine falsch ausgewiesene Umsatzsteuer korrigiert werden?

Eine Antwort auf diese Frage findet sich ebenfalls im Umsatzsteuergesetz in §14c Absatz 2 UStG:

[…] Der nach den Sätzen 1 und 2 geschuldete Steuerbetrag kann berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des Satzes 4 eingetreten sind.

Sie merken beim Lesen des Absatzes bereits, dass sich dieser Missstand lediglich mit erheblichem Aufwand wieder korrigieren lässt. Auf Hochdeutsch bedeutet der Absatz:

  1. Sie müssen Ihren Kunden auf den Missstand hinweisen
  2. Sie müssen dem Kunden eine neue Rechnung mit korrekter MwSt. ausstellen
  3. Ihr Kunde muss die Korrektur beim Fiskus angeben und vornehmen
  4. Ihr Kunde muss die korrekte MwSt. abführen
  5. Sie müssen die Korrektur dem Fiskus melden

Lapidar gesagt: Vergessen Sie es. Der Aufwand ist riesig und das Geld ist weg.

Haben Sie bereits Erfahrungen mit dem Thema „Grenzüberschreitende Lieferung oder Leistung mit Umsatzsteuer“ gemacht? Teilen Sie Ihre Erfahrungen unter diesem Artikel.

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