Wie finden Revisoren der Zukunft die richtigen Partner?

Der folgende Artikel ist Teil unserer Blogartikel-Serie „Die Zukunft der Revision“.

Was der Grund für die intensive Auseinandersetzung mit diesem Thema ist? Wir bei zapliance mit unserem Team aus Prüfern, Wissenschaftlern und Entwicklern haben in den letzten Jahren beobachtet, dass sich die Rahmenbedingungen für uns Revisoren rasant verändern. So führt die stetig wachsende Menge an verfügbaren Daten dazu, dass eine ganzheitliche und valide Betrachtung der Risiken/Chancen-Perspektive ohne Unterstützung von Partnern innerhalb der Organisation immer schwerer wird. Das zwingt Revisoren dazu, ihr Stärken/Schwächen-Profil zu überdenken – denn die Zusammenarbeit mit Partnern erfordert persönliche Kompetenzen, auf die Revisoren bis dato in diesem Ausmaß nicht angewiesen waren (unseren Dachartikel, der die eben geschilderten Punkte noch detaillierter beschreibt finden Sie übrigens hier). Unsere Blogartikel-Serie über individuelle Kompetenzen soll Revisoren nun unterstützen, bei sich selbst umzudenken, um in Zukunft noch erfolgreicher zu sein. Probieren Sie es aus!

Mein Name ist Alexander Rühle, ich bin seit 2006 leidenschaftlicher Prüfer und mittlerweile schon 5 Jahre Geschäftsführer von zapliance. Letztens bin ich über ein Zitat des US-amerikanischen Experten für Führungsfragen und Autors zahlreicher New York Times Bestseller, John C. Maxwell, gestolpert:

„Teamwork makes the dream work“.

Ein schnittiger Spruch, der Führungskräfte daran erinnern soll, dass ein funktionierendes Team zu Großem fähig ist – und ein nicht funktionierendes Team oft schon den kleinsten Herausforderungen nicht gewachsen ist. Aber in wieweit passt dieser Spruch auch zu uns Revisoren? In wieweit spielt Teamarbeit für uns Revisoren überhaupt eine Rolle – haben wir doch oft den Ruf des still vor sich hinarbeitenden Eigenbrötlers. Und: Geht es bei Teamwork wirklich nur um das Revisorenteam oder ist Teamwork in der Revision unweigerlich mit allen Stakeholdern einer Prüfung verbunden?

Teamwork ist nicht nur jetzt schon wichtig – sondern wird in Zukunft auch immer wichtiger.

Ich glaube, dass Teamwork in der Zukunft auch für uns Revisoren weiter an Bedeutung gewinnen wird. Denn wie ich bereits im Dachartikel dieser Artikelserie geschrieben habe, wird die Zusammenarbeit von Revisoren und Leitern der Fachabteilungen immer wichtiger werden. Doch ich glaube auch, dass Teamarbeit bereits heute eine enorme Bedeutung für Revisoren hat – und zwar in der Zusammenarbeit mit allen Personen, die an einer Prüfung beteiligt sind. In diesem Zusammenhang fällt mir sofort ein Erlebnis ein, von dem mir ein befreundeter Revisor erzählt hat. So wurde er vor einigen Jahren von seiner Vorgesetzten informiert, dass ein Kollege von ihm bei einem Projekt für einen großen Sicherheitsdienstleister „am verzweifeln sei“. Es hieß, die zuständigen Abteilungsleiter würden wichtige Informationen nicht weitergeben und sich auch sonst der Zusammenarbeit mit dem Kollegen verweigern. Gleichzeitig gab es großen Druck, das Projekt zeitnah zu beenden.

Die Vorgesetzte des befreundeten Revisors entwickelte den Gedanken, dass zwei Prüfer vor Ort möglicherweise mehr ausrichten könnten als ein einzelner und so wurde er ebenfalls auf das Projekt gesetzt. Dort angekommen, berichtete ihm sein Kollege von einer Macho-Mentalität unter den Führungskräften – es handele sich ausnahmslos um Alphatiere, die keine Rücksicht auf andere nähmen und sich von ihm nichts sagen ließen. Dieser Eindruck bestätigte sich im nächsten gemeinsamen Meeting. Doch in diesem Meeting gelang dem hinzugerufenen Revisor etwas, woran sein Kollege wochenlang gescheitert war: Er wurde vom Führungspersonal des Auftraggebers auf Augenhöhe behandelt und es gelang ihm, die notwendigen Informationen ohne größere Probleme zu beschaffen.

Privat ziehen sich Gegensätze an. Beruflich können sie zu Bestleistungen führen.

Aber was war passiert? Ganz einfach: Die beiden Revisoren hätten unterschiedlicher nicht sein können. Das fing schon beim äußeren Erscheinungsbild an – der hinzugerufene Revisor trug in Meetings stets Anzug, sein Kollege fühlte sich im kurzärmeligen Karohemd wohler. Auch im Auftreten gab es deutliche Unterschiede: Während der hinzugerufene Revisor sehr bestimmt auftrat, stets mit fester, lauter Stimme sprach und seinem Gegenüber in die Augen schaute, wirkte sein Kollege eher unsicher, sprach mit gedämpfter Stimme und vermied es, lange Blickkontakt zu halten. Das alles mag unwesentlich erscheinen, schließlich waren beide Revisoren fachlich qualifiziert und hatten ihr Können schon bei unzähligen Projekten bewiesen. Doch in dieser Situation zeigte sich, dass die zwischenmenschliche Komponente den Unterschied machte: Dem bestimmt auftretenden Kollegen gelang es, durch seine Art dem Führungspersonal des Kunden Paroli zu bieten und deren Respekt zu erlangen, was schlussendlich zu einem erfolgreichen Abschluss des Projekts führte.

Ein Beispiel, das mir wieder einmal gezeigt hat, wie wichtig Teamarbeit für uns Revisoren ist. Denn es gibt nicht den einen Revisor, der für jede Situation der richtige Mann oder die richtige Frau ist. Bei einem anderen Auftraggeber wären vielleicht die ruhige Art sowie die besonders gewissenhafte Arbeitsweise des Kollegen im Karohemd besser angekommen. Im vorliegenden Artikel möchte ich daher näher auf die Frage eingehen, wie es Revisoren gelingen kann, sich die richtigen Partner für das Erreichen ihre Ziele zu suchen – ein Themenbereich, der besonders hinsichtlich der Zusammensetzung von Teams immer wieder heiß diskutiert wird und der bereits zur Wissenschaft geworden ist.

Die Suche nach dem passenden Partner beginnt bei einem selbst.

Der erste Schritt auf dem Weg zu dem bzw. den richtigen Partner ist dabei die Selbstreflexion: Jeder Revisor sollte sich fragen, wo seine Stärken und Schwächen liegen. Denn erst über die kritische Reflexion der eigenen Fähigkeiten kann der Revisor erkennen, in welchen Bereichen er selbst Schwächen zeigt, die er mithilfe eines passenden Partners kompensieren kann. Wichtig dabei: Jeder Mensch hat Stärken und Schwächen – der Fokus auf die eigenen Schwächen sollte daher nicht als Generalkritik an der eigenen Person verstanden werden.

Aber wie identifiziert man nun eigene Schwächen? Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Zum einen sollten Sie beginnen, sich selbst zu beobachten. Konkret bedeutet das, Buch über Situationen zu führen, die in ihrem Gefühl „unrund“ gelaufen sind. Das kann eine Situation sein, in der alle ihrer Kollegen gemeinsam Mittagspause machen, ohne Sie zu fragen. Oder der Witz eines Kollegen über ihre Krawatte, der sie fast zur Explosion gebracht hat. Notieren Sie am Ende des Tages solche Situationen in einem Buch so ausführlich wie möglich – und ziehen Sie dieses Prozedere für mindestens einen Monat durch. Nach dieser Zeit haben sie dann die Möglichkeit, die notierten Situationen zu vergleichen und Parallelen zu erkennen. Sie werden sehen: Es wird sich ein Verhaltensmuster herauskristallisieren, das zumindest eine ihrer Schwächen offenbart. Die geschilderten Situationen mit dem Mittagessen und dem Witz könnten zum Beispiel ein Hinweis darauf sein, dass dem betreffenden Revisor soziale Interaktionen nicht so leicht fallen, wie anderen Kollegen.

Auch eine gute Informationsquelle: die eigenen Freunde.

Eine zweite Möglichkeit, mehr über die eigenen Schwächen zu erfahren ist, jemanden aus ihrem Freundeskreis zu befragen. Natürlich ist das eine Herangehensweise, die erst einmal Überwindung braucht – wer möchte sich schon gerne von anderen sagen lassen, was er nicht so gut macht. Überlegen Sie sich daher gut, ob Sie zu diesem Schritt bereit sind. Das Gute: Schwächen, die sich im Berufsleben zeigen, werden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch im Privatleben zeigen. Außerdem bietet Ihnen die Vertrautheit unter Freunden die Möglichkeit, konkretes und ehrliches Feedback zu erhalten – ein großer Unterschied zum beruflichen Umfeld, wo man mit ehrlichem Feedback sehr vorsichtig umgeht. Verständlich, denn sonst hängt im Büro schnell mal der Haussegen schief.

Nachdem Sie nun also eigene Schwächen identifiziert haben, ist klar, welche Art von Partner sie benötigen: Nämlich jemanden, der Sie da ergänzt, wo sie selbst Schwächen haben. Haben Sie beispielsweise festgestellt, dass Ihre Schwäche darin liegt, in stressigen Situationen leicht reizbar zu sein und dann ungenau zu arbeiten, so sollte Ihr Gegenstück eine Person sein, die auch in angespannten Situationen die Nerven behält.

Die dritte Möglichkeit: Ein Blick auf die Wissenschaft.

Für all diejenigen, denen die beiden vorgeschlagenen Wege zur Identifizierung eigener Schwächen zu aufwendig sind, gibt es eine gute Nachricht: Es gibt noch einen dritten Weg, um den „Personentypus“ zu identifizieren, der einen guten Partner abgeben würde. So gibt es aus dem Bereich der Teamentwicklung ein Modell, das Menschen – zwar sehr vereinfacht, aber trotzdem durchaus aufschlussreich – anhand eines Rasters einsortiert.

personentypen

In Anlehnung an Lorenz & Rohrschneider, 2009, S. 36

Dieses Modell geht davon aus, dass Menschen sich grundsätzlich einem der fünf Typen zuordnen lassen: Der Analytiker ist eher introvertiert und bleibt gerne für sich. Er arbeitet ausdauernd und präzise, aber kann mit Veränderungen nicht gut umgehen. Es gelingt ihm, auch emotional aufgeheizte Sachverhalte sachlich anzugehen. Der Macher hingegen schätzt Veränderungen und geht nach dem Motto „Nicht reden, sondern handeln“ vor. Er verfügt über hohes Selbstvertrauen und hat den Willen, den Ton anzugeben – Kollegen gehen neben ihm schnell unter. Gleichzeitig gelingt ihm leicht, andere zu motivieren. Der Expressive genießt es im Gegensatz zu den beiden bereits genannten, mit anderen Menschen zusammen zu arbeiten und möchte auch von diesen gemocht werden. Er testet gerne neue Methoden, Konzentration und Ausdauer zählen hingegen nicht zu seinen Stärken. Der Freundliche handelt ähnlich wie der Analytiker überlegt und besonnen. Gute Stimmung im Team ist ihm wichtig, er ist feinfühlig und nimmt Rücksicht auf andere. Den Fokus legt der Freundliche eher auf die Verbesserung von Bestehendem als auf die Einführung von Neuem. Zuletzt gibt es noch den Kreativen, der gerne abstrakt denkt und sich dabei wenig an bekannte Regeln hält. Auf sein Gegenüber wirkt er aufgrund seiner unkonventionellen Umgangsformen oft befremdlich. Er ist häufig ein Träumer, Konstanz fällt ihm schwer (Lorenz & Rohrschneider, 2009).

Und, haben Sie sich schon in einem der fünf Typen wiedererkannt? Dann wissen Sie wahrscheinlich auch schon, welche Art von Partner Sie suchen – nämlich einen der anderen vier Typen. Wer genau das ist, hängt davon ab, welche Ihrer Schwächen in der momentanen Situation (abhängig von Projekt, geprüfter Einheit, etc.) am hinderlichsten für das Erreichen Ihrer Ziele ist – und welche Stärke am dringendsten gebraucht wird.

Aber was tun, wenn man mehrere Schwächen bei sich selbst identifiziert hat? Die Wahrscheinlichkeit, dass man dann genau den Gegenpart findet, der alle diese Schwächen kompensiert, ist unwahrscheinlich. Auch hier ist wichtig: Schwächen abhängig von der momentanen Situation priorisieren – und dann einen Partner suchen, der diese eine Schwäche bestmöglich kompensiert.

Machen Sie sich die Person zum Partner, die gerade am besten passt.

Nun fehlt nur noch der letzte Schritt: einen Partner zu suchen, der Sie mit seinen Stärken ergänzt. Das kann auf der einen Seite ein Kollege sein, wie es im Eingangsbeispiel beschrieben wurde. Hier wurde dem stillen Revisor, der wahrscheinlich als Analyst einzuordnen ist, ein Kollege mit sicherem Auftreten an die Seite gestellt, der wahrscheinlich als Macher einzuordnen ist. Auf der anderen Seite kann aber auch ein ganz anderer Mensch als Partner bzw. Verbündeter gewählt werden. Bezogen auf das Eingangsbeispiel könnte das zum Beispiel auch die resolute Sekretärin des Vorstandes sein, welche die ruhige Art des Revisors schätzt und bereit ist, für diesen bei ihrem Chef die erforderlichen Informationen zu besorgen. Halten Sie die Augen offen, gute Partner lassen sich (fast) überall finden!

Abschließend möchte ich noch sagen, dass es nicht verwerflich ist, zu seinen eigenen Schwächen zu stehen und einen Partner zu suchen, der diese kompensiert. Das ist Taktik und wird also solche seit Jahrzehnten bis in die Führungsebenen hinauf verfolgt. Also, nicht vergessen:

„Teamwork makes the dream work“.

Viele Grüße,signatur-alexander-ruehle

Quellen:

Lorenz, M. & Rohrschneider, U. (2009). Praxishandbuch Mitarbeiterführung. München: Haufe Verlag.

Artikel teilen

Facebook
Twitter
XING
LinkedIn

Auch interessant