2 Schritte zur Analyse von Inventurdifferenzen diebstahlgefährdeter Güter

Inventurdifferenzen sind aus vielerlei Hinsicht ärgerlich. Denn nach der Feststellung von Differenzen ist häufig nachzählen angesagt, um am Ende noch Güter in einer Lagerecke zu finden an die keiner gedacht hatte. Arbeit umsonst gemacht, aber immerhin wurde der direkte Einfluss auf die Gewinn- und Verlustrechnung abgewendet. Allerdings ist das Glück nicht immer allgegenwärtig. Besonders unerfreulich kann das Ganze bei wertvollen oder diebstahlgefährdeten Gütern sein. Was genau als wertvolle oder diebstahlgefährdete Güter bezeichnet wird, wie diese in SAP gekennzeichnet werden und wie nachfolgend eine Analyse mit Bezug auf Inventurdifferenzen aussehen kann, erfahren Sie in diesem Blog Beitrag.

Wie definieren sich wertvolle oder diebstahlgefährdete Güter?

Die Suche nach einer aussagekräftigen Definition von wertvollen oder diebstahlgefährdeten Gütern gestaltet sich auf den ersten Blick nicht so trivial. Fündig wurde ich dann unter anderem in den „Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen“ von 2016. Demnach definiert sich wertvolles Gut als:

„Wertvolles Gut ist Gut mit einem tatsächlichen Wert am Ort und zur Zeit der Übernahme von mindestens 50 Euro/kg oder 10.000 Euro/Packstück“

Das kann bei einigen Gütern sehr schnell erreicht sein. Soweit so gut, gucken wir uns eine Definition von diebstahlgefährdeten Gütern einmal an:

„Diebstahlgefährdetes Gut ist Gut, das einem erhöhten Raub- und Diebstahlrisiko ausgesetzt ist, wie Geld, Edelmetalle, Schmuck, Uhren, Edelsteine, Kunstgegenstände, Antiquitäten, Scheckkarten, Kreditkarten oder andere Zahlungsmittel, Wertpapiere, Valoren, Dokumente, Spirituosen, Tabakwaren, Unterhaltungselektronik, Telekommunikationsgeräte, EDV-Geräte und -Zubehör.“

Eine gewisse Verbindung der Definitionen ist aus meinen Augen nicht von der Hand zu weisen. So kann ich mir problemlos Edelsteine vorstellen, die pro Packstück mehr als 10.000€ Wert besitzen. Soweit so gut: damit hätten wir geklärt was überhaupt wertvolle und diebstahlgefährdete Güter sind. Ganz unabhängig von der Definition kann jedes Unternehmen natürlich seine ganz eigene Vorstellung und Definition von wertvollen Gütern haben.

Wo befindet sich das Kennzeichen für diebstahlgefährdete Güter in SAP?

Wie üblich hat SAP vorgesorgt und ein eigenes Feld für diebstahlgefährdete Güter in den allgemeinen Materialdaten – Stammdaten (SAP Tabelle „MARA“) vorgesehen. Für wertvolle Güter findet sich zunächst kein Feld in „MARA“. Allerdings wäre auf Grund der engen Verbindung von „wertvoll“ und „diebstahlgefährdet“ eine einheitliche Pflege denkbar. Das entsprechende Feld heißt mit technischem Namen „PILFERABLE“, oder einfach „diebstahlgefährdet“ und hat eine Länge von einem Zeichen. Damit ist klar, dass es sich lediglich um eine „Flag“ handelt und ein Gut entweder diebstahlgefährdet ist, oder eben nicht („X“ oder ohne Ausprägung „null“). Spätestens jetzt werden Sie sich wahrscheinlich fragen, ob dieses Feld in Ihrem Unternehmen überhaupt Verwendung findet, oder? Ich will Sie auch gar nicht als zu lange damit auf die Folter spannen. Wie immer führen viele Wege nach Rom und so besteht zum einen die Möglichkeit über die Transaktion „SE16“ oder „SE16n“ zunächst nach Ausprägungen des genannten Felds mit „Ungleich: leer“ zu filtern, oder unser liebstes Vorgehen über den SQL-Editor zu wählen (Transaktion „DBACOCKPIT“ – Diagnose – SQL-Editor). Das notwendige Query lautet dann:

SELECT * FROM MARA WHERE PILFERABLE NOT LIKE ''

Dabei handelt es sich um genau die gleiche Anfrage, wie über die „SE16“ beschrieben.

Die Grundlagen der Inventur kurz zusammengefasst

Wahrscheinlich weiß jeder von Ihnen, was eine Inventur ist und könnte es mit eigenen Worten problemlos wiedergeben. Daher beschränken wir uns an dieser Stelle auf die Fachtermini, um die Grundlagen nochmal aufzufrischen.

Die Inventur ist grundsätzlich eine Bestandsaufnahme von Vermögensgegenständen und Schulden zu einem bestimmten Stichtag. Sie ist unter anderem Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Buchführung und Bilanzierung, wobei die folgenden Grundsätze gelten (Quelle: Wikipedia):

  • Vollständigkeit der Bestandsaufnahme (Bilanzwahrheit),
  • Richtigkeit der Bestandsaufnahme ( 246 Abs. 1 HGB),
  • Stetigkeit der Inventur ( 252 HGB),
  • Einzelerfassung bei der Bestandsaufnahme und
  • Klarheit und Nachprüfbarkeit der Bestandsaufnahme (Bilanzklarheit).

Die Inventur gilt damit als Nachweis, dass Vermögensgegenstände und Schulden tatsächlich existieren. Für die Durchführung der Inventur stehen je nach Art und Umfang drei unterschiedliche Verfahren zur Wahl:

  1. Körperliche Inventur
  2. Buchinventur
  3. Anlageninventur

Wir werden im Einzelnen nicht auf die Details der Vorgehen eingehen. Sofern weiterer Bedarf für die Definition besteht, sei Ihnen der Wikipedia Artikel an dieser Stelle ans Herz gelegt.

Die Analyse von Inventurdifferenzen bei diebstahlgefährdeten Gütern

Nachdem wir uns zunächst vergewissern konnten, dass es Ausprägungen des Feldes „PILFERABLE“ überhaupt in den Stammdaten gibt, (kurze Gedankenstütze):

SELECT * FROM MARA WHERE PILFERABLE NOT LIKE ''

gehen wir jetzt einen Schritt weiter und analysieren, ob es bei der letzten Inventur zu Differenzen der identifizierten Güter kam. Die entsprechenden Details zu den Inventuren finden sich etwas versteckt in der Bewegungsart (technischer Name: BWART) der SAP Tabelle „MSEG“. In den Ausprägungen des Feldes finden sich allerhand Informationen und Zahlenbereiche für die Kennzeichnung von Wareneingängen zu Bestellungen bis hin zu Inventurdifferenzen. Für unseren Anwendungsfall ist der 700er Bereich von besonderer Bedeutung: Die Kennzeichnung von Inventurdifferenzen reicht von 701 (Inventurdifferenz im frei verwendbaren Bestand) bis zu 717 (Inventurdifferenz im gesperrten Bestand). Kombinieren wir jetzt die diebstahlgefährdeten Güter mit den Inventurdifferenzen, so ergibt sich das folgende Query:

SELECT MSEG.MANDT, MSEG.MBLNR, MSEG.MJAHR, MSEG.WERKS, MSEG.MATNR, MSEG.BWART, PILFERABLE FROM MARA, MSEG WHERE MARA.MANDT = MSEG.MANDT AND MARA.MATNR = MSEG.MATNR AND PILFERABLE NOT LIKE '' AND MSEG.BWART LIKE '7%'

Halten Sie für die Prüfung nach hohen Differenzen, oder außerordentlich wertvollen Gütern Ausschau. Bevor Sie allerdings Maßnahmen für die Eingrenzung von Differenzen suchen, hinterfragen Sie zunächst die Prozesse und decken mögliche Schwachstellen im Ablauf auf. Mit Sicherheit dürfte Ihnen dabei bereits das ein oder andere Schlupfloch auffallen. Klären Sie anschließend, ob und in wie fern Maßnahmen für die Eingrenzung von Differenzen, oder auch Diebstahl ergriffen werden können.

Für den zweiten Fall, dass Sie das Feld in SAP gar nicht nutzen, aber durchaus mit wertvollen, bzw. diebstahlgefährdeten Gütern handeln / arbeiten, sollten Sie auf jeden Fall eine Diskussion zur Pflege des Feldes anstoßen. Denn ein leichteres Verfahren zur Auswertung von Inventurdifferenzen kann ich mir kaum vorstellen, oder wie ein Professor von mir einmal sagte: „Das dauert doch keine 5 Minuten“.

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