Der wissenschaftliche Hintergrund von zapliance lässt sich wohl nicht von der Hand weisen. So wurde doch der Grundstein an der Universität Hamburg gelegt, wo sich folgende Geschichte vor einigen Jahren zugetragen hat…
Es war ein lauer Freitag im Sommer 2014. Prof. Dr. Nick Gehrke und Prof. Dr. Frank Rump waren auf der Verteidigung einer Dissertation, die im Rahmen des Forschungsprojekts „Virtual Accounting Worlds“ an der Universität Hamburg abgehalten wurde. Das Projekt war der Grundstein für die Entwicklung des Financial Process Mining Algorithmus und so durften die beiden natürlich nicht fehlen.
Nach der Verteidigung diskutierten Nick und Frank ein damaliges Problem mit dem Algorithmus am Whiteboard. Doch wie so oft, wenn zwei starke Meinungen aufeinander treffen, gab es keine Einigung und so vereinbarten sie eine Wette daraus zu machen. Die Aufgabe war unmissverständlich:
Die Laufzeit von damals 12 Tagen zu minimieren.
Am Ende sollte der gewinnen, dessen Algorithmus schlicht schneller war.
Es wurde schließlich auch eine Wette zwischen der Wirtschaftsinformatik (vertreten durch Prof. Dr. Nick Gehrke) und der Informatik / Mathematik (Prof. Dr. Frank Rump). Über das Wochenende von Freitag auf Montag wurden wohl so einige Liter Kaffee vernichtet und diverse Gedanken kritisch hinterfragt und auch wieder verworfen. Am Montag wurden dann beide Optimierungen gleichzeitig getestet. Das Ergebnis war eindeutig:
Ursprüngliche Laufzeit: 12 Tage
Prof. Dr. Nick Gehrke schaffte es auf 3 Tage.
Prof. Dr. Frank Rump musste nur schmunzeln, als sein Algorithmus nach 12 Minuten fertig war.
Warum erzähle ich Ihnen das?
– Weil die Geschichte eindrücklich zeigt, welche Auswirkungen die Wissenschaft auf die Entwicklung von Problemlösungen haben kann und Impulse für neue Ansätze liefern kann.
Aus diesem Grund haben wir uns dazu entschieden eine Serie mit dem Titel „Audit in Science“ aufzulegen. In unregelmäßigen Abständen werden wir daher 2-3 wissenschaftliche Publikationen aus dem Bereich Audit vorstellen. Da ist mit Sicherheit für jeden etwas dabei und regt unter Garantie zum Nachdenken an. Am Ende der Artikel freuen wir uns dann auf Ihr Feedback und möchten die Ergebnisse gerne nutzen, um das ein oder andere Thema bei Bedarf zu vertiefen.
Ich werde die jeweiligen Publikationen kurz vorstellen und im Anschluss finden Sie den Download Link zur vollständigen Veröffentlichung.
Legen wir also los.
Bilanzbetrug im 21. Jahrhundert
Die erste Publikation ist eine Literaturanalyse zum Thema „Bilanzbetrug im 21. Jahrhundert: Der Stand der Dinge“ und untersucht unter anderem die Bedeutung einer verantwortungsvollen Unternehmensführung und guter Buchhaltungspraktiken:
Unternehmen spielen in der Gesellschaft eine wichtige Rolle, die deutlich über das rein wirtschaftliche Interesse hinausgeht. Ihr Beitrag zur sozialen Entwicklung und zur Nachhaltigkeit des Gebiets, in dem sie sich befinden, scheint unbestreitbar. Nach den großen Finanzskandalen von Unternehmen wie ENRON, WorldCom oder AHOLD benötigen Interessensgruppen jedoch genaue und transparente Finanzinformationen. Die Entwicklung anspruchsvollerer Rechnungslegungsstandards scheint jedoch nicht ganz auf dem neuesten Stand zu sein, da weltweit regelmäßig Bilanzbetrug aufgedeckt wird. Die Suche nach möglichen Ursachen, die Unternehmen zu unethischem Handeln veranlassen, war daher der wesentliche Beweggrund für diese Publikation. Zu diesem Zweck wurde eine Überprüfung der Literatur in aussagekräftigen Zeitschriften durchgeführt, die sich mit Bilanzbetrug befasst und die wichtigsten Forschungsschwerpunkte abdeckt. Die Ergebnisse der Literaturrecherche unterstreichen die Bedeutung einer verantwortungsvollen Unternehmensführung und guter Praktiken in der Buchhaltung sowie die Bedeutung bestimmter psychologischer Merkmale von Führungskräften und Mitarbeitern als Förderer des Mangels an Ethik. Es ist klar, dass die sozialen Kosten von Bilanzbetrug minimiert werden sollten, und die Regierungen spezifische Richtlinien entwickeln sollten, die verantwortungsvolle Unternehmensführung in Unternehmen mit der Nachhaltigkeit ihrer Umwelt verbinden.
Aus: Research Topics in Accounting Fraud in the 21st Century: A State of the Art
von Monica Ramos Montesdeoca, Agustín J. Sánchez Medina und Felix Blázquez Santana
Die Erkennung von Tax Fraud mit neuronalen Netzen
Die zweite Publikation kommt aus dem Bereich des Steuerbetrugs. Für viele Unternehmen ist das ein heikles Thema und ungeliebtes Kind, doch die Relevanz wird wohl niemals schwinden. Obwohl es in dieser Publikation um die prozentuale Neigung von Steuerzahlern zum Steuerbetrug geht, ist der Ansatz mit Sicherheit in gewissem Maße auf Anwendungsfälle im Unternehmen übertragbar. Es werden Methoden des Machine Learnings angewendet, um persönliche Einkommenssteuererklärungen zu untersuchen:
Ziel der vorliegenden Forschung ist es, zur Aufdeckung von Steuerbetrug beizutragen. Durch den Einsatz von Multi-Layer Perceptron (MLP) neuronalen Netzen wurden in Spanien eingereichte persönliche Einkommensteuererklärungen (IRPF in Spanien) untersucht. Die Möglichkeiten, die sich aus diesen Techniken ergeben, wurden auf eine breite Palette von persönlichen Steuerdaten angewendet, die vom Institute of Fiscal Studies (IEF) bereitgestellt wurden. Die Nutzung der neuronalen Netze ermöglichte die Segmentierung der Steuerzahler sowie die Berechnung der Wahrscheinlichkeit, dass ein einzelner Steuerzahler versucht, Steuern zu umgehen. Die Ergebnisse zeigten, dass das ausgewählte Modell einen Wirkungsgrad von 84,3% hat, was eine Verbesserung im Vergleich zu anderen Modellen bedeutet, die bei der Erkennung von Steuerbetrug eingesetzt werden. Der Vorschlag kann verallgemeinert werden, um die Bereitschaft einer Person zu quantifizieren, Betrug in Bezug auf andere Arten von Steuern zu begehen. Diese Modelle werden die Steuerbehörden dabei unterstützen, die besten Entscheidungen über Aktionspläne zur Bekämpfung von Steuerbetrug zu treffen.
Aus: Tax Fraud Detection through Neural Networks: An Application Using a Sample of Personal Income Taxpayers
von César Pérez López, María Jesús Delgado Rodríguez und Sonia de Lucas Santos
Was meinen Sie?
Sollen wir eines der Themen vertiefen und z.B. MLP Modelle näher vorstellen?