Der folgende Artikel ist Teil unserer Blogartikel-Serie „Die Zukunft der Revision“.
Was der Grund für die intensive Auseinandersetzung mit diesem Thema ist? Wir bei zapliance mit unserem Team aus Prüfern, Wissenschaftlern und Entwicklern haben in den letzten Jahren beobachtet, dass sich die Rahmenbedingungen für uns Revisoren rasant verändern. So führt die stetig wachsende Menge an verfügbaren Daten dazu, dass eine ganzheitliche und valide Betrachtung der Risiken/Chancen-Perspektive ohne Unterstützung von Partnern innerhalb der Organisation immer schwerer wird. Das zwingt Revisoren dazu, ihr Stärken/Schwächen-Profil zu überdenken – denn die Zusammenarbeit mit Partnern erfordert persönliche Kompetenzen, auf die Revisoren bis dato in diesem Ausmaß nicht angewiesen waren (unseren Dachartikel, der die eben geschilderten Punkte noch detaillierter beschreibt, finden Sie übrigens hier). Unsere Serie über individuelle Kompetenzen soll Revisoren nun unterstützen, bei sich selbst umzudenken, um in Zukunft noch erfolgreicher zu sein. Probieren Sie es aus!
Mein Name ist Alexander Rühle, ich bin seit 2006 leidenschaftlicher Prüfer und mittlerweile schon 5 Jahre Geschäftsführer von zapliance. Dass sich die Anforderungen an uns Revisoren verändern, höre ich mittlerweile fast wöchentlich von anderen Revisoren. Was ich aber oft nicht nachvollziehen kann, ist die Art und Weise, wie Revisoren auf diese veränderten Anforderungen reagieren. So erzählte der Leiter einer Fachabteilung während eines unserer Workshops eine Anekdote von seiner ersten Begegnung mit Ergebnissen der Datenanalyse bei einer Prüfung aus dem Vorjahr. In diesem Projekt hatte die Revision eine Datenanalyse mit einer konventionellen Analysesoftware durchgeführt und die Ergebnisse einfach per E-Mail an die Fachabteilung geschickt. Die angehängte Excel-Tabelle kommentierte der Revisor mit den Worten: „Bitte prüfen und kommentieren.“
Auch für die Kommunikation am Arbeitsplatz gilt: Der Ton macht die Musik.
Was mich (und den Leiter der Fachabteilung) so fassungslos machte, war jedoch nicht allein die Tatsache, dass sich nach Öffnen der Tabelle herausstellte, dass der Revisor die Ergebnisse gar nicht vorgeprüft oder bewertet hatte. Was in dieser Mail noch viel schwerer wog, war der Ton und der Inhalt der E-Mail: Es entstand das Gefühl, hier spreche ein Offizier mit einem Untergebenen. Sie können sich die aufgebrachte Reaktion des Leiters der Fachabteilung wahrscheinlich selbst vorstellen – ebenso wie den Umgang beider Seiten miteinander in der weiteren Zusammenarbeit.
Dieses Beispiel verdeutlicht die große Bedeutung der Beziehung zwischen dem Revisor und den Fachabteilungen: Ist diese wie im vorliegenden Beispiel nicht von Wertschätzung und der Zusammenarbeit auf Augenhöhe geprägt, kann es schnell zu Problemen kommen – und das Unternehmen in Mitleidenschaft gezogen werden. So hat eine Gallup-Studie ergeben, dass nur ein geringer Anteil der Arbeitnehmer in Deutschland eine hohe emotionale Bindung an sein Unternehmen hat. Ein Faktor hierbei ist auch die Wertschätzung durch den Vorgesetzten. Das Resultat: Der volkswirtschaftliche Schaden der geringen Mitarbeiterbindung beträgt bis zu 122 Milliarden Euro jährlich (siehe Gallup, 2019).
Welche Kompetenzen benötigen Revisoren eigentlich?
In diesem Kontext hat das DIIR bereits vor einigen Jahren ein Qualifikationsmodell für die Interne Revision herausgegeben, das die Schlüsselkompetenzen von Revisoren und solchen, die es werden wollen auflistet (siehe DIIR, 2012). Darin werden nicht nur fachliche Kompetenzen, branchenspezifisches Wissen sowie Methodenkompetenz genannt, sondern auch die persönlichen Kompetenzen – der Bereich, auf den sich das eingangs erwähnte Beispiel mit der E-Mail zwischen Revisor und Leiter der Fachabteilung bezieht.
Wäre der Revisor in der Lage, durch seine persönlichen Kompetenzen eine auf Augenhöhe und Wertschätzung basierende Beziehung zu der Fachabteilung aufzubauen, so ist von Folgendem auszugehen: Zum einen würde sich die Zusammenarbeit – zumindest für den Leiter der Fachabteilung – angenehmer gestalten, was laut der genannten Gallup-Studie einen positiven Einfluss auf dessen Mitarbeiterbindung hätte. Zum anderen kann man davon ausgehen, dass ein offenes und freundliches Gesprächsklima zu einer höheren Produktivität der Beziehung führen wird: Probleme können offen und unvoreingenommen angesprochen und schnell gelöst werden.
Der Schlüssel auf dem Weg zu einem erfolgreichen Revisor: vier Kompetenzen.
Im Folgenden möchte ich nun die vier Kernkompetenzen, die einen Revisor auszeichnen, vorstellen. Allerdings orientiere ich mich dabei nicht an den vom DIIR genannten Kompetenzen, sondern beziehe mich auf die in der Literatur gängigen vier Kompetenzen, die jeden Menschen beschreiben: die Methodenkompetenzen, die sozialen Kompetenzen, die Persönlichkeitskompetenzen sowie die Sachkompetenz (siehe u.a. Mudra, 2004). Der Grund dafür? Diese Kompetenzen fokussieren sich noch deutlicher als die vom DIIR genannten Kompetenzen auf die meiner Meinung nach zukünftig entscheidenden Soft Skills – und weniger auf branchen- und abteilungsspezifisches Wissen.
Mit der Methodenkompetenz ist die Fähigkeit gemeint, die richtige Herangehensweise an ein Problem zu wählen. Dazu gehört nicht nur die Auswahl der passenden Lösungsstrategie, sondern auch die Umsetzung von Fachwissen in die Praxis. Wichtig im oft dynamischen Arbeitsumfeld der Revisoren: Hierzu zählt auch die Fähigkeit, sich mithilfe moderner Arbeitsmittel neues Fachwissen schnell anzueignen – und dieses an der richtigen Stelle miteinander zu kombinieren.
Unzureichender Methodenkompetenz kann dazu führen, dass wichtige Arbeitsschritte ausgelassen werden.
Wenn wir uns an das beschriebene Beispiel mit der E-Mail-Korrespondenz zwischen Revisor und Fachabteilungsleitung erinnern, frage ich mich: Hat der Revisor hier eine starke Methodenkompetenz an den Tag gelegt? Ich denke nicht. Denn in der Herangehensweise an das Problem zeigen sich zwei Stellen, an denen deutliches Verbesserungspotenzial auf Seiten des Revisors bestehen. Zum einen verzichtet er in seiner Arbeit auf das Professional Judgement – einen bedeutenden Arbeitsschritt in der Revision. Eine Vorevaluierung bzw. das Aufzeigen von Potenzialen oder Risiken wäre eine wichtige Orientierung für den Leiter der Fachabteilung gewesen, um mithilfe einer objektiven, außerhalb der Abteilung entstandenen Einschätzung die daraus folgenden, nächsten Schritte zu überlegen.
Auf der anderen Seite vermeidet der Revisor es, dem Fachabteilungsleiter Informationen über den Kontext wie zum Beispiel den Auslöser für die Datenanalyse zu übermitteln. Auf dem Weg zu einer Lösung verlieren sich so wichtige Informationen, die zwingend notwendig sind für eine erfolgreiche Zusammenarbeit bzw. lösungsorientiertes Arbeiten.
Wichtig in allen Lebenslagen: die soziale Kompetenz.
Auch die sozialen Kompetenzen werden für den Revisor in der Zukunft an Bedeutung gewinnen. Aber was sind überhaupt soziale Kompetenzen? Man denkt automatisch an Soft Skills – aber das trifft es nicht ganz genau: Mit den sozialen Kompetenzen ist die Fähigkeit gemeint, in der Beziehung mit anderen Menschen der Situation angemessen zu agieren. Den Revisor betrifft das zum Beispiel in der Arbeit mit den unterschiedlichen Partnern in den Fachabteilungen. Zur sozialen Kompetenz gehört zum Beispiel, sich in andere hineinversetzen zu können: Nur so können die Bedürfnisse des Gegenübers wahrgenommen werden – ein essenzieller Bestandteil einer funktionierenden Arbeitsbeziehung.
Weitere Teile der Sozialkompetenz sind die Fähigkeiten, einfühlsam zu handeln, das eigene Verhalten zu reflektieren sowie Kompromisse einzugehen. Denn: Durch eine gut ausgeprägte soziale Kompetenz können nicht nur innere Konflikte wie zum Beispiel das Fällen einer komplexen Entscheidung gelöst werden. Auch bei äußeren Konflikten mit anderen Menschen hilft die soziale Kompetenz. Dies ist nicht nur im Privatleben wichtig, sondern auch in der Arbeitswelt, wo unterschiedliche Charaktere aufeinanderprallen und miteinander auskommen müssen.
Betrachten wir die Anekdote über die E-Mail zwischen Revisor und Fachabteilung im Kontext der sozialen Kompetenzen, so fällt auf: Der Revisor hat hier eine Reihe von Punkten sträflich vernachlässigt. Dies beginnt schon mit dem Ton der E-Mail, der zeigt, wie wenig bemüht der Revisor ist, sich in andere hineinzuversetzen. Hätte er versucht, seine E-Mail einmal mit den Augen des Abteilungsleiters zu lesen, wäre ihm wohl aufgefallen, dass die Kommunikation alles andere als auf Augenhöhe stattfand. Es handelte sich um eine schroffe Anweisung von oben, welche die Bedürfnisse des Abteilungsleiters vollkommen außer Acht lässt. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser sich kleingemacht fühlt ist groß. Was außerdem fehlt: Standardformulierungen wie eine Anrede und ein Abschiedsgruß, die erst auffallen, wenn sie nicht da sind. Das hinterlässt einen bleibenden Eindruck: fehlende Wertschätzung – Gift für eine gute Zusammenarbeit.
Jetzt wird‘s persönlich: die Persönlichkeitskompetenz.
Das dritte Bündel an Kompetenzen ist die Persönlichkeitskompetenz. Hier geht es, wenig überraschend, um die Persönlichkeit des Menschen bzw. des Revisors. Dazu zählen zum Beispiel die eigene Motivation, Ausdauer und Kreativität. Außerdem wichtig im Arbeitskontext: In der Persönlichkeitskompetenz steckt auch die Haltung zur eigenen Arbeit.
Bezogen auf die bereits erwähnte E-Mail lässt sich vermuten: Der Revisor zeichnet sich nicht durch eine besonders hohe Motivation aus – zumindest kommuniziert er das nach außen. So scheint es, als ob er nach dem Motto „Hauptsache schnell“ handelt. Er verzichtet auf sein Professional Judgement, wichtige Kontextinformationen und Grußformeln. Auch wenn zum Beispiel die Grußformeln nur als kleines Detail erscheinen, so prägen sie trotzdem den Gesamteindruck, den der Abteilungsleiter gewinnt: Der Revisor scheint wenig Lust auf seine Arbeit zu haben. Das Gefährliche daran: Geringe Motivation ist ansteckend – und kann ganz schnell großen Schaden im Unternehmen anrichten.
Die vierte und letzte Kompetenz, die in der Literatur erwähnt wird, ist die Fachkompetenz. Dazu zählen die fachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten. Wenig überraschend: Beides ist notwendig, um als Revisor gute Arbeit zu leisten – und das wird sich wahrscheinlich auch in der Zukunft nicht ändern. Was sich aber ändern wird, ist die Tiefe des Fachwissens, die vom Revisor gefordert wird. Denn durch die neue Flut an Daten können Bereiche geprüft werden, in denen eine Prüfung vormals gar nicht möglich war. Und hier schließt sich der Kreis: Denn um mit der wachsenden Menge an Daten zurechtzukommen, wird der Revisor in der Zukunft immer intensiver mit anderen Experten zusammenarbeiten müssen. Damit diese Zusammenarbeit von Erfolg gekrönt ist, sind die vier in diesem Artikel geschilderten Kompetenzen unabdingbar.
Die Zukunft wird zeigen: Einige Kompetenzen sind wichtiger als andere.
Und ich wage noch eine weitere Prognose: Die sozialen Kompetenzen und die Persönlichkeitskompetenzen sind diejenigen Kompetenzen, die in Zukunft für den Revisor am deutlichsten an Bedeutung gewinnen werden. Das bedeutet nicht, dass die Methoden- und Fachkompetenzen außen vor bleiben – sie werden sich in der Zukunft aber wohl nicht so stark verändern, wie die anderen beiden Kompetenzen.
„Zukunft der Revision“ klingt zwar abstrakt – aber nach dem Verfassen dieses Artikels habe ich einmal mehr das Gefühl, dass die Reaktion von Revisoren auf zukünftige Herausforderungen doch sehr konkret sein können. Denn wenn ich bei den vier beschriebenen Kompetenzen an mich selbst denke, fällt mir sofort der eine oder andere Punkt ein, an dem ich selbst meine Fähigkeiten noch ausbauen muss. Ich hoffe, auch bei Ihnen hat es an der einen oder anderen Stelle – zumindest ein leises – „Klick“ gemacht!
Wie immer gilt: Lassen Sie uns diesen Artikel gerne unten in den Kommentaren diskutieren.
Viele Grüße,
Artikel aus der Reihe „Die Zukunft der Revision“ erscheinen alle zwei Wochen hier bei uns im Blog.
Der Titel des nächsten Artikels?
„Die Bedeutung der Sozialkompetenz für den Revisor in der Zukunft“.
Quellen:
DIIR (2012). Qualifikationsmodell für die Interne Revision. Frankfurt am Main.
Gallup (2019). State of the global workplace. New York: Gallup Press.
Mudra, P. (2004). Personalentwicklung: Integrative Gestaltung betrieblicher Lern- und Veränderungsprozesse. München: Verlag Vahlen.