Ein Blick in die Zukunft der Revision

Mein Name ist Alexander Rühle und ich bin Founder und CEO von zapliance. Mein Team bei zapliance besteht aus Prüfern, Wissenschaftlern und Entwicklern – und uns eint die Leidenschaft für die Revision. Genau aus diesem Grund lässt mich eine Sache nicht kalt: Die Situation, in der sich viele Revisionsfunktionen, wenn nicht sogar die gesamte Prüferbranche befindet, ist besorgniserregend.

Auch wenn dieses vermeintlich harte Urteil nur meine persönliche Einschätzung widerspiegelt, mehren sich die Indikatoren dafür, dass wir Revisoren in unserem aktuellen Mindset dem Wandel der Zeit nicht gewachsen sind.

Um im Prüfersprech zu bleiben:

Feststellung: Die Kompetenzen in vielen Revisionsfunktionen sind nicht angemessen, um in einer sich wandelnden Gesellschaft einen fundierten Mehrwert für die Unternehmen zu schaffen, in denen wir tätig sind. Insbesondere die methodischen, persönlichen und sozialen Kompetenzen sind unzureichend.

Risiko: Es besteht das Risiko, dass es Revisionsfunktionen weder gelingt, ihre eigenen Kompetenzen an die Herausforderungen der digitalen Transformation anzupassen, noch einen Beitrag zur digitalen Transformation ihrer Unternehmen leisten.

Handlungsempfehlung: Lesen Sie den folgenden Artikel und werfen Sie danach einen schonungslosen Blick in den Spiegel: Wie schätzen Sie den Status quo Ihrer Kompetenzen ein? Analysieren Sie in einem nächsten Schritt die sich wandelnde (Unternehmens-)Welt. Nehmen Sie Abweichungen als Opportunities wahr – und gehen Sie diese nach erfolgter Priorisierung sofort an.

Wie ist diese Feststellung entstanden?

Als mittlerweile 5-jähriges Startup befinden wir uns nicht nur im Spannungsfeld zwischen Prüfung, Wissenschaft und Entwicklung. Wir sind auch umgeben von anderen Startups, die in weniger „konservativen“ B2B-Branchen oder sogar im B2C-Umfeld agieren. Aus diesen unterschiedlichen Einflüssen nehmen wir regelmäßig wichtige Impulse für unser Unternehmen mit. Und ich merke: Es hat sich viel verändert.

Damit meine ich nicht nur das Offensichtliche – nämlich ein neues, größeres Büro und ein gewachsenes Team. Auch unsere Arbeitsweise hat sich weiterentwickelt. Während unser Team in den Anfangsjahren von zapliance noch stark von der eigenen Prüfungserfahrung und einem vorwiegend „prüferischen Mindset“ geprägt war, hat sich vor allem das Miteinander verändert. Wenn man heute unser Büro betritt, hört man fast immer Stimmen, die miteinander reden. Denn wir hören mehr zu – nicht nur dem Kunden, sondern auch den Kollegen im Team. Und wir diskutieren mehr – weniger über Probleme und Herausforderungen, sondern über Lösungen.

Dabei taucht eine Frage immer wieder auf: Ist die Art und Weise, wie heute geprüft wird eigentlich zukunftsfähig?

Und diese Frage hat einen ganz einfachen Grund: Wir leben in einer Welt, in der immer mehr Daten verfügbar sind. Das merke ich zum Beispiel daran, dass das Navigationsgerät meines Autos mir mitteilt, dass ich die gleiche Strecke schon vor 257 Tagen gefahren bin und dafür exakt 37 Minuten gebraucht habe. Das verändert nicht nur mein privates Verhalten, sondern auch meine Erwartungshaltung gegenüber anderen Unternehmen. Denn die Realität ist Folgende: Die Unternehmen, in denen wir arbeiten sammeln nicht mehr nur Daten über die eigenen internen Prozesse, sondern natürlich auch über ihre Endkunden. Zumindest dürfen wir hoffen, dass sie das tun.

Allein die Möglichkeit, Daten zu erheben und auswerten zu können verändert alles. Ein Beispiel dafür sind die Fachabteilungen, mit denen wir zusammenarbeiten. Dort nutzen die Fachanwender immer häufiger „Self-Service-Dashboards“: Sie bauen sich individuelle Dashboards auf Knopfdruck einfach selbst. Das hat jede Menge Vorteile für die Fachabteilungen, aber dieser Trend birgt auch eine Reihe von Herausforderungen – und zwar für uns, die Revision.

Es hat sich viel getan – aber wie sollen Revisoren darauf reagieren?

Die Erwartungshaltung der Geprüften hat sich geändert: Der Anspruch an die Tiefe und Qualität der Prüfungsergebnisse steigt – einfache Analysen kann nun jeder durchführen. Das wird uns als Revisoren unter Druck setzen. Und es stellt sich die Frage, wie wir in dieser Situation noch einen fundierten Mehrwert für die Fachabteilung generieren können.

Um diese Frage beantworten zu können, lohnt sich ein Blick auf den Begriff, der unserer Berufsbezeichnung zu Grunde liegt: „audire“. Das Wort kommt aus dem Lateinischen und bedeutet verstehen bzw. zuhören. Ich glaube, dass wir Revisoren genau hier wieder verstärkt ansetzen sollten. Wir müssen uns fragen, wie sich die Bedürfnisse unserer Stakeholder in einer datenorientieren Welt verändern.

Daten zu analysieren bedeutet verstehen.

Wer als Revisor die vorhandenen Daten nicht analysiert, ist zukünftig nicht mehr auf Augenhöhe der Geprüften. Daten zu analysieren sollte grundlegender Bestandteil jeder Prüfung sein – ganz einfach um Sachverhalte besser zu verstehen. Dabei dürfen Datenanalysen natürlich nicht die einzige Methodik sein. Es sollte aber sehr gute Gründe dafür geben, Datenanalysen im Vorfeld einer Revision nicht zu berücksichtigen. Denn erst, wenn wir wirklich gut verstehen, können wir unsere wertvollste Karte spielen:

Wir kombinieren das Verständnis über das Prüfumfeld mit unserem Wissen über die Organisation und unserer einzigartigen Risikoperspektive.

Aber reicht das? Genügt unser Wissen über die Organisation und unsere Risikoperspektive aus, um in einer sich immer schneller wandelnden Zeit die Datenlage allein komplett zu verstehen? Ich glaube nicht.

Können wir bei der heute gegebenen Tiefe und Komplexität der Daten eigentlich noch selbstständig zu einer nachhaltigen und umsetzbaren Handlungsempfehlung kommen, wenn wir die Daten- und Prozesswelt gar nicht mehr alleine verstehen können? Ganz sicher nicht.

Revisoren benötigen Partner.

Revisoren handeln bei der Identifizierung von Risiken und Chancen immer nur aus einer Perspektive heraus – aus einer von vielen. Das bedeutet: Revisoren sind für eine ganzheitliche und valide Betrachtung der Risiken/Chancen-Perspektive auf die Unterstützung von Partnern innerhalb der Organisation angewiesen. Aber wie sollen Revisoren diese Partner finden? Und noch wichtiger: Welche Rolle spielt das Persönliche beim Aufbau dieser Beziehungen? Besonders treibt mich dabei die Frage um, wie wir Revisoren auf andere im Unternehmen wirken. Möchte man mit uns Lösungen erarbeiten? Wirken wir offen? Und wie förderlich sind dabei eigentlich Anzug und Krawatte?

Dazu eine kleine Anekdote über den Besuch unseres Teams auf dem DIIR-Kongress 2019 in Dresden: Wir waren angereist, um uns innerhalb der Revisoren-Community noch besser zu vernetzen. Aber nicht nur das – auf eine Sache freuten wir uns ganz besonders: einfach mal den anderen zuhören. Was uns überrascht hat: Nicht nur uns gegenüber waren die Teilnehmer auffällig zurückhaltend – auch untereinander. Ein aufgeschlossenes Mindset und ein offenes Miteinander sehen anders aus. Unser Eindruck: Es herrschte große Skepsis bezüglich neuer Menschen und Ideen.

Wie ergeht es Ihnen auf diesen Tagungen? Ist Ihr Eindruck ähnlich?

Ich zumindest habe mich nach dieser Erfahrung Folgendes gefragt: Wie soll es Revisoren mit diesem grundlegenden Mindset gelingen, mit den Fachabteilungen zusammen zu arbeiten? Und wie werden Revisoren auf die Herausforderungen der Zukunft reagieren, wenn sie auf neue Ideen mit derart ausgeprägter Verschlossenheit reagieren? Ich bin der festen Überzeugung, dass es eine Transformation der Prüfung braucht. Es braucht eine Transformation der Datenanalyse und es braucht eine Transformation der Kompetenzen des Revisors.

Doch wie kann diese Transformation aussehen?

Wir bei zapliance haben die Datenanalyse für Fachprüfer automatisiert, so dass auch große Datenmengen auf Knopfdruck geprüft werden können. Aber wir haben gemerkt, dass dies nicht reicht! Ohne eine wertschätzende Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen wird es schwer, noch nachhaltig Mehrwert zu generieren. Das wird dem Revisor nur gelingen, wenn es zu einem Mindset Change kommt – und er seine eigenen Kompetenzen hinterfragt und weiterentwickelt.

Zu diesen Kompetenzen gehört zum einen die soziale Kompetenz, der beispielsweise die Kommunikationsstärke zugerechnet wird – eine Stärke, die essentiell für den Umgang mit anderen ist. Aber auch die Persönlichkeitskompetenz, die Fachkompetenz sowie die Methodenkompetenz sind Teil des individuellen Fähigkeitsprofils eines Revisors (siehe u.a. Mudra 2004).

Knackpunkt für den Erfolg von Revisoren in der Zukunft: die eigenen Kompetenzen.

Eben weil wir der Meinung sind, dass die Transformation der Prüfung notwendig ist und die Transformation des Revisors daran einen maßgeblichen Anteil hat, haben wir uns entschieden, eine Serie von Blogartikeln zu diesem Thema zu starten. Darin beleuchten wir die vier Kompetenzfelder im Kontext der Revision und wollen dazu anregen, bei sich selber umzudenken, um in der Zukunft noch erfolgreicher zu sein. Beispiel Kommunikation: Schnell kann es zu einer delikaten Angelegenheit werden, einzelne Fachabteilungen um Mitarbeit zu bitten – besonders, wenn sich diese von oben kontrolliert fühlen oder den Eindruck haben, man sei mit ihrer Arbeit nicht zufrieden. Hier ist Kommunikation auf Augenhöhe gefordert, um genau solchen Konflikten vorzubeugen. Das heißt nicht, dass sich die Debatte um die Zukunft der Revision nur um die offene Kommunikation drehen sollte. Es bedeutet aber, dass wir den Stellenwert von individuellen Kompetenzen anerkennen sollten, denn nur so können wir als Revisoren in der Zukunft bestehen. Ich freue mich auf eine spannende Diskussion unter diesem Artikel mit Ihnen!

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Quellen:

Mudra, P. (2004). Personalentwicklung: Integrative Gestaltung betrieblicher Lern- und Veränderungsprozesse. München: Verlag Vahlen.

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