7 Dinge, die jeder Prüfer über das Anlagevermögen in SAP wissen sollte

Auf dem Weg von der Beschaffung einer Anlage hin zum etwaigen Abgang gibt es viele Stolpersteine, die mittels Datenanalyse in SAP von einem Prüfer aufgedeckt werden können. Ich möchte daher in diesem Blog Post die Grundlagen für die Prüfung des Anlagevermögens aufzeigen und auf die einzelnen Herausforderungen eingehen.

Bei den Grundlagen legen wir einen klaren Fokus auf die folgenden 7 Bereiche:

  1. Vorbereitung
  2. Die notwendige Datenstruktur
  3. Beschaffung von Anlagen
  4. Prüfung der Stammdaten im Anlagevermögen
  5. Abschreibungen
  6. Manipulierte Anlagenabgänge
  7. Funktionstrennung

Die Vorbereitung

Bevor in einem Prozessaudit des Anlagevermögens in SAP mit umfangreichen Datenanalysen begonnen wird, sollte auch in einem digitalen Audit die Kenntnis der tatsächlichen Prozessabläufe im Bereich des Anlagevermögens Grundlage der Prüfung sein. In unser Methodik müssen also erst die im SAP System durchgeführten SAP Prozesse des Anlagevermögens empirisch im SAP Datenbestand ermittelt werden – erst danach werden auf Grundlage der nun bekannten Prozesse des Anlagevermögens Datenanalysen durchgeführt. Die Ermittlung und Rekonstruktion aller Abläufe wird durch den von uns entwickelten Financial Process Mining Algorithmus durchgeführt.

Wie unterscheiden sich die SAP Prozesse im Anlagevermögen von anderen Prozessen?

Die Prozesse im Bereich Anlagevermögen sind in aller Regel kürzer als Einkaufs- oder Verkaufsprozesse. Im Bereich der Beschaffung von Anlagen gibt es eine Überdeckung mit dem ganz normalen Einkaufsprozess. Die anderen Prozesse wie z.B. das Buchen der Abschreibungen und der Anlagenabgang sind zeit- oder anlassbezogen und beinhalten nur einen oder wenige Prozessschritte. Bei Anlagenabgängen durch Veräußerung kann es entsprechende Überschneidungen mit dem Verkaufsprozess geben. Der Financial Process Mining Algorithmus berücksichtigt auch Abläufe im Bereich des Anlagevermögens, sodass alle individuellen Abläufe in diesem Bereich durch Anwendung des Algorithmus bekannt sind.

Wie läuft die Datenanalyse anschließend ab?

Sind durch den Financial Process Mining Algorithmus alle Prozessabläufe rekonstruiert worden, erfolgen die Datenanalysen in Form diverser Datenindikatoren. Ein Indikator repräsentiert dabei stets eine revisionsrelevante Prüfungsfrage. Dabei kann ein Beleg von einem Indikator betroffen sein oder nicht. Ein Indikator zeichnet somit ein „Schwarz-Weiß-Bild“ und unterteilt alle Belege in eine Menge von dem Indikator betroffenen Belegen und in eine Menge von nicht betroffenen Belegen.

Die notwendige Datenstruktur

SAP speichert alle Daten, die z.B. mittels einer Transaktion erstellt wurden, wie z.B. Datum, betroffene Anlage, usw. in Tabellen ab. Wurde die Transaktion ausgeführt, so führt diese zu einem Beleg / Dokument im SAP und kann, wenn überhaupt, nur noch sehr aufwändig gelöscht werden. Stichwort in diesem Zusammenhang ist auch das Radierverbot nach §239 HGB, auf das wir an dieser Stelle nicht näher eingehen. Stattdessen sind Stornobuchungen zu unternehmen, um etwaig entstandene Fehler zu korrigieren. Auch die Stornobuchungen hinterlassen im SAP wiederum einen Beleg und verweisen auf das zu stornierende Objekt. So entsteht eine Abfolge von Aktionen, die mit dem bereits erwähnten Financial Process Mining Algorithmus rekonstruiert werden können. Im Bereich des Anlagevermögens handelt es sich dabei im Wesentlichen um die die folgenden SAP Tabellen:

  • ANKA: Anlagenklassen (allgemeine Daten)
  • ANKT: Anlagenklassen: Beschreibung und Texte
  • ANLH: Anlagen-Hauptnummer
  • ANLA: Anlagenstammsatz Segment (eine Anlage kann aus mehreren Segmenten bestehen)
  • ANLB: Abschreibungsparameter
  • ANLC: Anlagen-Wertfelder (Anschaffungskosten, Abschreibungen etc.)
  • ANLP: Anlagen-Periodenwerte
  • MARA: Allgemeine Materialstammdaten
  • MBEW: Materialbewertung
  • MKPF: Belegkopf Materialbeleg
  • MSEG: Belegsegment Material (Positionen im Materialbeleg)

Bestimmte Belege im Rechnungswesen verweisen zudem auf Belege des Anlagevermögens. Es handelt sich dabei um Geschäftsvorfälle im Zusammenhang mit Anlagen: Zugang einer Anlage, Abgang einer Anlage oder Abschreibungen. Im Rechnungswesenbeleg (Tabelle BSEG) erkennt man eine Referenz auf eine Anlage in den Datenfeldern ANLN1 (Anlagennummer) und ANLN2 (Segmentnummer der Anlage).

Die Datenbeschaffung aus den SAP Tabellen

Die Beschaffung der Daten aus einem SAP System ist nicht immer eine einfache Sache. Es gibt verschiedene Tools auf dem Markt, die Datenextraktionen aus einem SAP System anbieten. In der Regel wird dafür ein ABAP Programm auf dem SAP System eingespielt. Dies ist aber zugleich auch ein „Showstopper“, da Transporte in ein SAP System einen Change Management Prozess voraussetzen, häufig lange dauern und diverse Genehmigungsschritte durchlaufen werden müssen.

Eine weitere Möglichkeit besteht daran, im SAP Dialog einzelne Tabellen manuell aus dem SAP System herunterzuladen. Hierfür kann z.B. die Transaktion SE16 verwendet werden. Dies ist aber insgesamt mit vielen Handgriffen verbunden und eher umständlich.

Per Remote Function Call (RFC) kann man SAP Datentabellen aus einem SAP System extrahieren. Hierfür wird lediglich ein User mit entsprechenden Nutzerrechten für das Aufrufen von Remote Function Call Bausteinen benötigt. Es braucht dabei kein ABAP Programm in das SAP System transportiert zu werden. RFC ist zwar verhältnismäßig alt und z.T. auch langsam, jedoch etabliert und bei jedem SAP System verfügbar. Man kann einen solchen Datenabzug mit RFC clever optimieren und so bequem Daten für eine Analyse aus dem SAP System beschaffen.

War die Datenbeschaffung erfolgreich und ist die Datenstruktur vorhanden, so können bestimmte Felder, oder Kombinationen aus Feldern der erwähnten Tabellen analysiert werden. Im Bereich des Anlage- und Vorratsvermögens haben wir 22 Indikatoren entwickelt, die kritische Datenfelder oder Kombinationen aus kritischen Daten analysiert und die zugehörigen Belege markiert. Alle von uns entwickelten Indikatoren sind jeweils einem Prozess, einem Prozessbereich, einem Prüfungsziel und einem Risiko zugeordnet. In den folgenden Abschnitten möchte ich ein paar Indikatoren aus den Prozessbereichen Stammdaten, Beschaffung von Anlagen, Abschreibungen, Anlagenabgang und Funktionstrennung detaillierter vorstellen. Ist Ihr Interesse geweckt, dann haben Sie unter folgendem Link die Möglichkeit sich einen Überblick über alle Indikatoren aus dem Bereich des Anlagevermögens zu verschaffen:

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Beschaffung von Anlagen

Beispielhafte Indikatoren aus dem Bereich der Beschaffung von Anlagen sind unter anderem der Anlagenzugang ohne Rechnung, seltene Transaktionen in der Anlagebuchhaltung, oder auch die temporäre Deaktivierung von Anlagen. Nehmen wir einmal das Beispiel der fehlenden Rechnung bei Anlagenzugang:

Wie bereits erwähnt, ist jeder Indikator einem Prüfungsziel zugeordnet. Im Falle der fehlenden Rechnungen bei Anlagenzugang liegt ein Mangel der Ordnungsmäßigkeit vor, sodass der Indikator dem Prüfungsziel der Ordnungsmäßigkeit zugeordnet ist. Das Risiko sollte jedem Prüfer bekannt sein – eine Buchung wurde ohne Rechnung durchgeführt. Damit ist zumindest die Nachvollziehbarkeit fragwürdig und die belasteten Konten sollten auf jeden Fall überprüft werden. Es kann ein klassischer Fall von Betrug vorliegen, muss aber nicht. Damit wird auch das Kriterium für das Markieren des Belegs eindeutig: Ein Anlagenzugang ist vorhanden, der keine Eingangsrechnung referenziert. D.h. ein Feld einer SAP Tabelle ist leer, sodass Dabei werden Anlagen im Bau aus der Analyse ausgeschlossen.

Prüfung der Anlagestammdaten

Für jede Anlage wird nach dem Kauf ein Stammsatz in SAP gepflegt. Allerdings kann es auch hierbei zu Falscheingaben, oder fehlenden Daten kommen. So analysieren unsere Indikatoren unter anderem, ob Anlagen mit unplausiblem Abschreibungsbeginn existieren, Anlagenstammsätze fehlen, Änderungen an den Abschreibungsstammdaten unternommen wurden und vieles mehr. Betrachten wir die fehlenden Anlagenstammsätze etwas genauer, so stellen wir in diesem Zusammenhang fest, dass es in SAP nicht nur eine Tabelle gibt, die Daten über einen Anlagenstammsatz enthält. Dieser Indikator prüft z.B. ob eine Anlage in den Tabellen ANLH (Anlagen-Hauptnummer), ANLA (Anlagenstammsatz-Segment) und ANLB (Abschreibungsparameter) referenziert wird. Sollte in einer der genannten SAP Tabellen eine Referenz fehlen, so wird der entsprechende Beleg markiert und in der Oberfläche von zap Audit angezeigt.

Abschreibungen

Die Abschreibungen verhalten sich, in Bezug auf die Datenanalyse, ähnlich zu den Beschaffungen von Anlagen. Beispiele für die durchgeführte Datenanalyse im Bereich der Abschreibungen sind: Abschreibung ist größer als 50% des Aktivierungswerts, Belege mit Zuschreibung, oder Anlagen mit negativem Buchwert. Betrachten wir den letzten Indikator der Anlagen mit negativem Buchwert etwas genauer, so stellen wir fest, dass auch dieser dem Prüfungsziel der Ordnungsmäßigkeit unterliegt. Allerdings stellt man sich die Frage, was die Ursachen eines negativen Buchwerts sein können, woraus sich auch das Risiko ergibt. Nach unser Prüfungsmethodik wird ein Beleg genau dann markiert, wenn dieser eine Anlage referenziert, bei der die kumulierten Abschreibungen (Vorjahre + aktuelles Jahr) die kumulierten Anschaffungskosten übersteigen. Daraus entsteht das Risiko falsch berechneter Abschreibungen.

Manipulierte Anlagenabgänge in SAP

Bei der Veräußerung von Anlagen kann doch eigentlich nicht viel schieflaufen, denken Sie sich vielleicht? Dann muss ich Sie leider enttäuschen. Gerade in diesem Bereich kann sehr viel Geld verloren gehen, ohne dass es wirklich jemandem auffällt. Die drei Indikatoren in diesem Bereich verdeutlichen die Problematik: Anlage innerhalb eines Jahres ge-und verkauft, Anlagenabgang unter Buchwert und Anlagenabgang mit geringem Wert lassen die Schwächen bereits am Namen deutlich werden. Hier lauert das Risiko potentiell doloser Handlungen und Auswirkung auf die Gewinn- und Verlustrechnung. Der Anlagenabgang mit geringem Ertrag verdeutlicht es: Der Indikator ist dem Prüfungsziel der Wirtschaftlichkeit zugeordnet und es besteht das Risiko, dass eine Anlage unter (Markt)wert veräußert wurde. Wann ein Beleg markiert wird? Ganz einfach, wenn ein Beleg einen Anlagenabgang enthält und der Gewinn kleiner als 5% der Anschaffungskosten beträgt.

Funktionstrennung im Anlagevermögen

Wir haben das Thema schon häufiger aufgegriffen, weshalb ich Ihnen die Funktionstrennungskonflikte im Bereich des Anlagevermögens nicht vorenthalten möchte. In einem unserer letzten Blog Post zum Thema Funktionstrennungskonflikte dank Financial Process Mining haben wir unser Vorgehen näher erläutert. Auch im Bereich des Anlagevermögens ist man vor den Konflikten nicht sicher. Es sei noch einmal erwähnt, dass unsere Methodik nicht überprüft, was theoretisch möglich wäre, sondern tatsächlich eingetreten ist.

Folgende konkrete Funktionstrennungskonflikte im Bereich des Anlagevermögens können deshalb z.B. aufgedeckt werden:

  • Lieferantenrechnung bezahlen und durch Anlagenabschreibung verbergen
  • Rechnung über die automatische Wareneingangsabrechnung anlegen und durch Anlagenabschreibung verbergen
  • Anlage bearbeiten und Kosten zum Stammsatz hinzufügen
  • Anlage bearbeiten und Eingang der Anlage manipulieren
  • Material durch eine Korrektur mithilfe der Inventur der Lagerverwaltung entfernen

Leistungs- oder Materialstamm bearbeiten und Positionen zu Einkaufsvereinbarungen hinzufügen

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