Wie gelingt es dem Revisor der Zukunft, offen für Neues zu sein?

Der folgende Artikel ist Teil unserer Blogartikel-Serie „Die Zukunft der Revision“.

Was der Grund für die intensive Auseinandersetzung mit diesem Thema ist?

Wir bei zapliance mit unserem Team aus Prüfern, Wissenschaftlern und Entwicklern haben in den letzten Jahren beobachtet, dass sich die Rahmenbedingungen für uns Revisoren rasant verändern.

So führt die stetig wachsende Menge an verfügbaren Daten dazu, dass eine ganzheitliche und valide Betrachtung der Risiken/Chancen-Perspektive ohne Unterstützung von Partnern innerhalb der Organisation immer schwerer wird.

Das zwingt Revisoren dazu, ihr Stärken/Schwächen-Profil zu überdenken – denn die Zusammenarbeit mit Partnern erfordert persönliche Kompetenzen, auf die Revisoren bis dato in diesem Ausmaß nicht angewiesen waren (unseren Dachartikel, der die eben geschilderten Punkte noch detaillierter beschreibt finden Sie übrigens hier).

Unsere Blog-Serie über individuelle Kompetenzen soll Revisoren nun unterstützen, bei sich selbst umzudenken, um in Zukunft noch erfolgreicher zu sein. Probieren Sie es aus!

Mein Name ist Alexander Rühle, ich bin seit 2006 leidenschaftlicher Prüfer und mittlerweile schon 5 Jahre Geschäftsführer von zapliance.

Im vorliegenden Artikel möchte ich mich nun mit der Offenheit für Neues beschäftigen – ein Thema, das nicht nur für uns Revisoren wichtig ist (später mehr dazu), sondern auch für mich in meiner Rolle als Geschäftsführer einer Firma.

Denn neue Ideen und der Umgang damit bringen unser Team bei zapliance regelmäßig an seine Grenzen.

Gleichzeitig sind neue Ideen für uns zum Alltag geworden.

Dies gilt sowohl für unsere internen, als auch unsere externen Abläufe: Einerseits entwickeln wir unsere Produkte stetig weiter und müssen uns immer wieder dazu entscheiden, alte Konzepte über Bord zu werfen und mit neuen Ideen zu ersetzen.

Auf der anderen Seite sind wir aber auch nach außen hin als Innovationstreiber täglich auf der Suche nach Wegen, wie wir mit unseren Produkten Prüfer und Fachexperten in ihrer Arbeit mit Daten befähigen können.

Wie Sie sich wahrscheinlich vorstellen können, ist besonders dieser zweite Punkt von Gegensätzen gezeichnet.

Auf der einen Seite weiß oder ahnt jeder Prüfer, dass es nur durch Neuerungen möglich ist, auch in Zukunft noch einen Mehrwert für die Organisation zu erbringen, für die er tätig ist.

Auf der anderen Seite erfordern Neuerungen jede Menge Arbeit – nämlich nicht nur ein Umdenken im Kopf, sondern häufig auch eine Reihe organisatorischer Veränderungen.

Und diese Hürde führt öfter als man denkt dazu, dass Neues abgelehnt wird.

Dazu passt folgendes Erlebnis, das ich vor einigen Jahren während meiner Arbeit als Revisor für einen großen Mittelständler in einer konservativen Branche hatte:

So stolperte ich auf diesem Projekt immer wieder über Auffälligkeiten in deren Datenanalysen.

Importierte CSV-Dateien waren schlicht fehlerhaft, was zu unvollständigen und falschen Ergebnissen führte:

ein Klassiker.

Da ich selbst bei einem anderen Projekt die freie Software KNIME kennengelernt hatte, die bereits für viele Datenquellen fertige „Knoten“ hat und auch hochkomplexe Datensätze auf vielfältige Art analysieren und vor allem automatisieren kann, schlug ich diese dem Kunden vor.

Doch trotz einer Reihe von triftigen Argumenten – unter anderem ist die Software ja sogar kostenfrei erhältlich – entschied sich der Chef dagegen.

Die Begründung?

Die aktuelle Datenanalysesoftware sei in der Revisionswelt absoluter Standard (obwohl zumeist ungenutzt in der Schublade).

Außerdem benötige die neue Software eine Einarbeitung für die betreffenden Mitarbeiter – Zeit, welche diese „nun wirklich mit wichtigeren Dingen verbringen könnten“.

Es war eine rundum frustrierende Erfahrung, wusste ich doch, dass das Ausprobieren von KNIME das konkrete Thema nicht nur inhaltlich vorangebracht, sondern auch zumindest zweien der Revisoren Freude und neue Motivation gebracht hätte.

Doch ein paar Monate später kam plötzlich die Wendung.

Aber nicht etwa in einem Meeting.

Sondern an der Eingangstüre zum Kindergarten meines kleinen Sohnes.

Dort lernte ich nämlich den Vater eines anderen Kindergartenkindes kennen, der zufälligerweise in besagtem Unternehmen arbeitete – allerdings für die Compliance Abteilung.

Und wie es nun mal so ist: Wir kamen, natürlich in aller Vertraulichkeit, ins Gespräch…

Ein paar Wochen später berichtete der andere Vater bei einem kurzen Gespräch am Kindergarten-Eingang von einer Herausforderung, von der ich wusste, dass diese sich durch verschiedene „KINME-Knoten“ lösen lässt.

Eine perfekte Vorlage für mich, den Moment zu nutzten, um noch einmal KNIME ins Spiel zu bringen.

Wenig überraschend:

Mit meinem Vorschlag lief ich bei dem anderen Vater offene Türen ein.

Gleichzeitig äußerte dieser aber auch sein Unverständnis darüber, dass eine solche Software nicht schon längst genutzt werde und erklärte, den Vorschlag bei seinen Vorgesetzten einzubringen.

Das Ende vom Lied: KNIME wurde ausprobiert und später auch eingeführt.

Das freute nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch den Chef, der von diesem Moment an nicht müde wurde, die Vorzüge dieser Software in zahlreichen Meetings immer wieder zu loben.

Auch wir Revisoren sollten im Denken flexibel sein.

Ich glaube, dass Geschichten wie diese uns Revisoren immer wieder passieren:

Es gelingt uns nicht, andere von Neuerungen zu überzeugen.

Aber mal umgekehrt gedacht: Gelingt es uns Revisoren eigentlich selbst, immer offen für Neues zu sein und vor allem zu bleiben?

Auch hier bin ich skeptisch, nicht zuletzt auch aufgrund meiner langjährigen Arbeitserfahrung mit verschiedensten Revisoren – mich selbst nehme ich dabei nicht aus.

Denn im Grunde genommen ist es vollkommen egal, ob man auf Revisoren- oder auf Kundenseite steht: Die Offenheit für Neues ist bei jedem Menschen anders ausgeprägt.

So handelt es sich um eine individuelle Persönlichkeitskompetenz, über die ich bereits in dem Artikel „Welche Kompetenzen benötigt der Revisor in der Zukunft“ geschrieben habe.

Gleichzeitig ist aber auch klar, dass die Bereitschaft, Neuerungen zu akzeptieren bzw. durchzusetzen in der heutigen Zeit und vor allem bei dem herrschenden Wettbewerbsdruck immer wichtiger wird.

Nicht zuletzt wegen der immer enger werdenden Zusammenarbeit mit Partnern (siehe unser Dachartikel) sind Revisoren davon besonders betroffen.

Aus diesem Grund widmet sich der vorliegende Artikel der Offenheit für Neues – wie man sich diesen Mindset zu eigen macht und aufrechterhält.

Vorneweg sei eines gesagt: Veränderung ist nie leicht, es sei denn man ist ein Chamäleon.

Der Mensch hingegen ist ein Gewohnheitstier und scheut sich vor der Arbeit, die Veränderung bedeutet.

Denn alles beim Alten zu belassen ist einfach das Bequemste.

Aber wie es so häufig mit den bequemen Dingen ist – irgendwann rächt sich, dass dringend notwendige Veränderungen nicht angegangen wurden.

Dafür gibt es zahlreiche Beispiele:

Jetzt in der Corona-Krise zum Beispiel fällt uns die fehlende Digitalisierung an Schulen in Deutschland auf die Füße.

Schüler verlieren durch den kurzfristig improvisierten und häufig mehr schlecht als recht geführten Unterricht wichtige Zeit und geraten mit dem Lernstoff in Verzug.

Ein anderes Beispiel ist die E-Mobilität.

Weil hier lange Veränderungen verschlafen wurden, läuft die deutsche Autoindustrie Gefahr, ins Hintertreffen zu geraten.

Die Wahrheit kann wehtun. Sie zu ignorieren aber noch mehr.

Was beide Beispiele gemeinsam haben:

Hinter den verschleppten Reformen stecken Menschen wie Sie und ich.

Aber wie gelingt es uns nun, offen für Veränderungen zu sein?

Ein erster Schritt ist der schonungslose Blick auf Fakten.

Und das ist gar nicht so einfach.

Denn wir Menschen tendieren dazu, Dinge als „gar nicht so schlimm“ zu sehen.

Das beruhigt, täuscht aber über Missstände hinweg.

Denn erst wenn wir uns ein realistisches Bild der Situation machen, erkennen wir auch die Bedeutung von Veränderung.

Genauso scheint es sich mit dem Chef aus dem eingangs geschilderten Beispiel verhalten zu haben.

Der sah selbst keine Notwendigkeit, etwas zu ändern, hatte aber scheinbar nie mit seinen Mitarbeitern darüber gesprochen bzw. ihnen zugehört.

Doch die Meinung von anderen nicht zu berücksichtigen ist ebenfalls eine weit verbreitete Bequemlichkeitstaktik.

Wie ihnen trotzdem ein guter Umgang mit anderen Meinungen gelingt, habe ich übrigens in diesem Blogartikel diskutiert.

Ist also der erste Schritt in Richtung offenem Mindset getan und es besteht die Bereitschaft, potenziell problematische Bereiche zu identifizieren, so folgt der zweite Schritt:

Mit neuen Ansichten in Berührung zu kommen – zum Beispiel über andere Menschen.

Achten Sie also darauf, immer mal wieder in Kontakt mit Menschen zu kommen, die ganz anders sind als sie.

Die möglicherweise einen anderen kulturellen Hintergrund haben, in einem ganz anderen Bereich arbeiten oder auch deutlich älter oder jünger sind als sie.

Das kann zum Beispiel ein kurzer Plausch mit dem Kioskbesitzer ums Eck sein.

So bekommen sie zwangsläufig vollkommen neue Ansichten zu den verschiedensten Themen mit.

Dabei geht es gar nicht darum, diese Ansichten für sich selbst zu übernehmen, sondern darum, Themen aus einer anderen Sichtweise zu sehen, diese Sichtweise zu verstehen und als weitere, variable Ansicht zu akzeptieren.

Das erweitert nicht nur ihren Horizont, sondern hilft auch dabei, im Denken freier zu werden – eine Eigenschaft, die essentiell bei einem offenen Mindset ist.

Dieses Prinzip wird heutzutage übrigens bereits in vielen Unternehmen unter dem Begriff „Diversity“ gelebt, da man davon ausgeht, dass Menschen mit verschiedenen Hintergründen im Team die besseren Lösungen erarbeiten.

Für Veränderungen gilt das gleiche wie für die Mondlandung: Kleine Schritte – große Bedeutung.

In einem nächsten Schritt in Richtung open-mindedness geht es nun nicht mehr nur darum, von anderen Menschen zu lernen – sondern sich selbst an neuen Dingen auszuprobieren.

Das Motto lautet „Probieren geht über Studieren“ und beginnt im Privaten.

Kaufen Sie im Supermarkt nicht immer die gleichen Produkte, sondern probieren Sie immer wieder auch etwas Neues aus.

Gehen Sie nicht immer nur zum Italiener, sondern auch mal zum Perser.

Verringern Sie eventuelle Berührungsängste mit Neuem und machen Sie langsam aber sicher das Neue zur Gewohnheit.

Und nehmen sie dieses Mindset mit ins Büro.

Probieren Sie sich an kleinen Veränderungen aus – es müssen nicht immer die großen Revolutionen sein:

Lesen Sie mal ein anderes Online-Fachmedium.

Rufen Sie bei einer Frage mal einen anderen Ansprechpartner auf Kundenseite an.

Bleiben Sie auch als Leiter Revision wissensdurstig und nehmen Sie sich die Zeit, kleine Herausforderungen in Excel selbst zu lösen.

Haben Sie es mal mit einem SVERWEIS (VLOOKUP) in Excel probiert? Auch Pivottabellen in Excel sind ein vielseitiges Schweizer Taschenmesser für Analysen.

Einfach selbst probieren und bei aufkommenden Fragen nicht sofort die Kollegen, sondern Google oder YouTube bemühen.

Mir hilft dabei dann häufig mein sportlicher Ehrgeiz, es alleine schaffen zu wollen (bei uns im Team sind einfach zu viele Mitarbeiter deutlich schlauer als ich…).

Vergessen Sie dabei aber nicht, dass es sich um Ausprobieren, also um eine Art Probephase handelt.

Legen Sie Zeiträume für diese Probephase fest – das neue Online-Fachmedium könnten Sie zum Beispiel über eine Woche lesen.

Und ziehen Sie nach dieser Zeit Bilanz:

Was hat Ihnen besser gefallen, was hat Ihnen nicht so gut gefallen? Lohnt sich der Umstieg auf das neue Medium?

Oder profitieren Sie eher von einem Teil-Umstieg – zum Beispiel, dass sich die Lektüre der Medien wochenweise abwechselt.

Auch wenn diese kleinen Veränderungen erst einmal wie lästiger Mehraufwand wirken, helfen diese nicht nur bei der Gewöhnung an Neues, sondern haben noch einen weiteren Vorteil:

Sie erweitern Ihre Kompetenzen und Ihr Wissen, auch wenn Sie dieses wahrscheinlich nicht unmittelbar einsetzen können.

Aber aus eigener Erfahrung kann ich sagen:

Haben Sie Geduld!

Denn der Zeitpunkt wird kommen, an dem sich die neu gewonnen Kompetenzen als nützlich erweisen werden.

An dem Sie vor einem Problem stehen und sich plötzlich an einen Satz, eine Begebenheit oder auch ein Produkt erinnern, das Ihnen zu einem neuen Lösungsansatz verhilft.

Der Tipp, Geduld zu haben, gilt übrigens auch für die Entwicklung des offenen Mindsets.

Wenn Sie erst einmal damit angefangen haben, neuen Dingen im kleinen Rahmen gegenüber offener zu sein, werden Sie bald merken, dass das gar nicht so schwierig ist.

Sie werden aufgrund der Veränderungen kleine Verbesserungen wahrnehmen und Erfolge feiern.

Das gibt Sicherheit im Abwägen zwischen Chancen und Risiken und hilft dabei, den offenen Mindset auch bei stetig größer werdenden Entscheidungen anzuwenden.

Vorsicht vor blindem Aktionismus.

Wichtig dabei: Werden Sie nicht zu schnell zu übermütig.

Denn zu viele Veränderungen gleichzeitig können auch destabilisierend wirken.

Auf den beruflichen Kontext bezogen heißt das, dass nicht nur Kollegen, sondern auch Kunden leicht verunsichert werden, wenn plötzlich gar nichts mehr beim Alten ist und gut eingependelte Routine-Prozesse verändert werden.

Achten Sie also nicht nur auf Ihre Grenzen, sondern auch auf die der anderen und entwickeln Sie einen Mix an Bewährtem und Neuem.

Und vergessen Sie auch bei größeren Veränderungen nicht die Probephase.

Ich empfehle Ihnen außerdem, ihr Netzwerk – Vorgesetzte, Kollegen, Kunden, etc. – so gut es geht bei den Veränderungen „mitzunehmen“.

Kündigen Sie Veränderungen an und achten Sie auf die Reaktion der anderen.

Denn wenn der Chef oder die Kollegen bei jeder Veränderung aufschreien, wird Ihre Hauptaufgabe erst einmal sein, Ihr Umfeld in kleinen Schritten an Veränderungen heranzuführen – genau so, wie sie es bei sich selbst gemacht haben.

Abschließend sei gesagt, dass ein offener Mindset bei uns Revisoren heute notwendiger denn je ist.

Dies gilt besonders im Hinblick auf unsere Kunden: Denn je später wir mit Veränderungen beginnen, desto schwieriger wird es meist, diese umzusetzen.

Chancen kommen, aber sie gehen auch wieder.

Lassen Sie diese Chancen nicht gehen, und entwickeln Sie ihren offenen Mindset ständig weiter.

Sie werden sehen: Sie werden dafür belohnt.

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